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Österreichische Staatsbürgerschaft – Fragen und Antworten

Michael Decker
Michael Decker

Unsere Kanzlei ist auf den Erwerb der österreichischen Staatsbürgerschaft für Anspruchsberechtigte spezialisiert – Nachkommen von Opfern der Schoah und Verfolgten in Österreich. Dieser Artikel wurde mit dem Zweck verfasst, die wichtigsten rechtlichen und historischen Informationen in Bezug auf den Erwerb der österreichischen Staatsbürgerschaft aufzuzeigen. So sollte der Leser eindeutig verstehen können, ob er einen Anspruch auf diese hat oder nicht. Der Artikel beruht auf Fragen von Kunden, die wir im Laufe des vergangenen Jahres erhalten haben. Wir haben die häufigsten Fragen gesammelt und die Antworten auf diese zusammengefasst.

In diesem Artikel wird es um die Geschichte der Juden in Österreich, insbesondere in der Hauptstadt Wien gehen, die Anzahl der Juden die im Laufe der Jahre aus dem Land ausgewandert sind, den Ländern in die sie eingewandert sind sowie die Zahl der Anspruchsberechtigten heute weltweit. Falls Sie sich nach dem Lesen des Artikels immer noch nicht sicher sein sollten, ob sie über einen Anspruch verfügen, empfehlen wir Ihnen unsere Kanzlei zu kontaktieren und wir werden Ihnen gerne weiterhelfen.

Anspruch auf österreichische Staatsbürgerschaft

 Anspruch auf die österreichische Staatsbürgerschaft – Fragen und Antworten

Das österreichische Rückkehrgesetz verlangt von österreichischen Nachkommen, deren Vorfahren durch das NS-Regime verfolgt wurden, einen Nachweis über deren Anspruch. Zuerst ist es jedoch wichtig einige Details zur Anzahl den Anspruchsberechtigten weltweit zu erfahren; wo leben diese und was sind die Kriterien zum Erwerb eines Reisepasses? Im folgenden ein paar häufig gestellte Fragen zu diesem Thema:

  • Wie viele Personen haben einen Anspruch auf den Erwerb der Staatsbürgerschaft?

Es handelt sich um circa 200.000 Personen weltweit.

  • In welchen Ländern leben die meisten Anspruchsberechtigten?

Vorwiegend in Israel, den USA, Kanada, Argentinien, Brasilien, Australien und Italien. Außerdem gibt es weitere Berechtigte in Südafrika, Mittelamerika und in anderen Ländern.

  • In welchen Jahren verließen die meisten österreichischen Juden das Land und wohin wanderten sie aus?

Zwischen den Jahren 1938-1945 verließen insgesamt 126.500 Juden von insgesamt 176.000 das Land. Unter diesen flohen 55.500 in andere europäische Länder. 30.840 Juden emigrierten nach Großbritannien, 28.650 in die USA, 18.050 nach China (die meisten von diesen nach Schanghai) 11.600 sowie nach Süd- und Mittelamerika circa 10.000 nach Israel.

Der Rest fand Zuflucht in mehr als achtzig Ländern weltweit. Von denjenigen, die in europäische Länder flohen, gelangten 17.600 in Länder, die später von den Deutschen besetzt wurden und von diesen wurden beinahe 13.000 in Konzentrationslagern ermordet.

Erteilung der österreichischen Staatsbürgerschaft für Überlebende der Schoah – Fragen und Antworten

Zahlreiche Kunden fragen uns, ob es möglich ist die österreichische Staatsbürgerschaft zu erwerben, wenn ihre Vorfahren Österreicher waren?

Ja. Aber es hängt davon ab wann sie das Land verlassen haben. Im Detail:

  • Kann jeder, dessen Vorfahren Österreichischer gewesen sind die Staatsbürgerschaft erhalten?

Nein. Dies betrifft die Zeit der Diktatur des dritten Reichs.

  • In welchen Jahren herrschte die Diktatur des dritten Reichs?

Zwischen den Jahren 1933-1945.

  • Bedeutet dies, dass falls meine Vorfahren in diesen Jahren in Österreich gelebt haben, ich einen Anspruch auf die österreichische Staatsbürgerschaft habe?

Ja, dies stimmt. Falls Ihre Vorfahren zwischen 1933-1945 in Österreich gelebt haben und das Land zwischen 1933-1945 verlassen haben, haben Sie einen Anspruch auf diese.

  • Bezieht sich der Begriff „Vorfahre“ auf eine begrenzte Anzahl von Generationen?

Nein. Es gibt keine Begrenzung der Generationen.

  • Meine Großmutter war Opfer des NS-Regimes. Aber mein Vater – der Sohn meiner Großmutter, möchte keine Reisepass erwerben. Darf ich dennoch einen Antrag stellen?

Ja. Jeder Berechtigte darf einen österreichische Reisepass beantragen, ohne dass deren Eltern eine Staatsbürgerschaft besitzen.

  • Gilt dieses Gesetz auch für adoptierte Kinder?

Ja, vorausgesetzt es handelt sich um minderjährige adoptierte Kinder.

  • Haben Urenkel deren Vorfahren zwischen 1933-1945 in Österreich lebten und nicht über die österreichische Staatsbürgerschaft verfügten einen Anspruch auf einen Reisepass?

Ja. Aufgrund des weit verbreiteten Antisemitismus in den 1920er und 1930er Jahren erkannten die österreichischen Behörden die meisten Juden nicht als vollwertige Bürger an und gaben diesen daher keine Staatsbürgerschaft. Heute erkennt der österreichische Staat das von ihm verursachte Unrecht an und die Nachkommen dieser Betroffenen können die Staatsbürgerschaft erwerben.

  • Bin ich anspruchsberechtigt, falls mein Großvater in Österreich im Jahr 1947 geboren ist, nach Kriegsende?

Nein. Der Anspruch gilt ausschließlich bis zum Geburtsjahr 1945.

  • Darf mein Ehemann einen Antrag auf Staatsbürgerschaft stellen?

Falls dein Ehemann kein Nachkomme einer in Österreich durch das NS-Regime verfolgten Person ist, darf dieser keinen Antrag stellen.

  • Habe ich einen Anspruch, wenn meine Eltern keine Verfolgten des NS-Regimes waren, aber aus Österreich vor 1945 geflohen sind?

Ja, falls Ihre Vorfahren das Land aufgrund antisemitischer Verfolgung oder aus Angst vor Verfolgung verlassen haben. Nachkommen von Juden müssen meist nicht beweisen, dass sie verfolgt wurden oder Angst hatten verfolgt zu werden.

Der kommende Abschnitt des Artikels zum Anspruch auf österreichische Staatsbürgerschaft – Fragen und Antworten zum Wehrpflichtdienst und Berufssoldaten.אזרחות אוסטרית זכאות – שאלות ותשובות

Militärischer Hintergrund – wer kann die österreichische Staatsbürgerschaft erwerben?

  • Die Wehrpflicht in der IDF beträgt 3 Jahre, bin ich anspruchsberechtigt?

Da der Wehrdienst nicht frei steht, haben Sie Anspruch auf einen österreichischen Reisepass.

  • Bin ich als Berufssoldat anspruchsberechtigt?

Dies ist wahrscheinlich eine der relevantesten Fragen für Israelis. Bitte beachten Sie – ein Israeli, welcher sich derzeit im Armeedienst befindet, kann keinen Antrag auf österreichische Staatsbürgerschaft stellen. Außerdem wird jenen, die eine österreichische Staatsbürgerschaft inne haben, diese aberkannt, sofern sie in Armeedienst für Israel stehen oder freiwilligen Armeedienst leisten. Personen, die ihre Laufbahn als Berufssoldat beendet haben, können gemäß des Gesetzes ihre Antrag einreichen.

  • Ich bin eine Berufsoffizierin und wollte wissen, ob meine Kinder anspruchsberechtigt sind?

Ihre Kinder und Enkel können einen Antrag stellen, trotzdem Sie selbst aufgrund Ihres gegenwärtigen Dienstes keinen Antrag einreichen dürfen.

  • Ich bin seit über zehn Jahren Reservist, kann ich die österreichische Staatsbürgerschaft erhalten?

Selbstverständlich. Reservisten können jederzeit einen Antrag einreichen. Dies hat damit zu tun, dass der Dienst Pflicht ist und nicht freiwillig erfolgt.

  • Haben studentische Soldaten einen Anspruch auf einen österreichischen Reisepass?

Studentische Soldaten können einen Antrag stellen.

Anspruch auf österreichische Staatsbürgerschaft

Wie wird die österreichische Staatsbürgerschaft erworben? – Häufig gestellte Fragen

  • Mein Urgroßvater hat Österreich am Ende des 19.Jahrhunderts verlassen, bin ich anspruchsberechtigt?

Berechtigt sind alle Personen deren Vorfahren aus Österreich bis Mai 1945, aufgrund von Angst vor der Verfolgung in der Zeit der NS-Diktatur, geflohen sind.

  • Meine Eltern sind in den Donauländern (Rumänien und Moldawien) geboren, die bis 1918 zu Österreich-Ungarn gehörten, bin ich anspruchsberechtigt?

Die wichtigste Voraussetzung ist, dass ihre Eltern zwischen 1933-1945 auf dem Gebiet der österreichischen Republik gelebt haben. Falls sie nicht auf dem Gebiet von Österreich (dies bezieht sich auf den Staat und nicht das Königreich) gelebt haben, sind Sie nicht anspruchsberechtigt.

  • Verliert man mit dem Erwerb der österreichischen Staatsbürgerschaft automatisch die bestehende Staatsbürgerschaft?

Israelis verlieren mit dem Erwerb der österreichischen Staatsbürgerschaft ihre Staatsbürgerschaft nicht. Das österreichische Parlament ermöglicht es Holocaustüberlebenden und deren Nachkommen ihre bestehende Staatsbürgerschaft zusätzlich zu einer weiteren Staatsbürgerschaft zu behalten. Dasselbe gilt für US-amerikanische Staatsbürger. Beachten Sie jedoch, dass es Länder gibt – darunter die Niederlande und Ukraine – die ihre Bürgern nicht erlauben eine weitere Staatsbürgerschaft zu besitzen.

  • Kann man die Staatsbürgerschaft erwerben, auch wenn man mehr als eine Staatsbürgerschaft besitzt?

Falls Sie über mehr als eine Staatsbürgerschaft verfügen, sind Sie dazu berechtigt die österreichische Staatsbürgerschaft zu erhalten. Aber es ist unbedingt notwendig sich bei der zuständigen Behörde in Ihrem Land genau zu erkundigen, damit Sie Ihre bereits bestehende Staatsbürgerschaft nicht verlieren.

Aufhebung der Geschlechterdiskriminierung

Nach der im September letzten Jahres in Kraft getretenen Korrektur, haben Nachkommen – Kinder, Enkel und Urenkel – von Frauen die Opfer des NS-Regimes gewesen sind, das Recht auf den Erhalt der Staatsbürgerschaft gemäß des bestehenden Gesetzes. Im Gegensatz zum alten Gesetz, welches einen großen Teil der Nachkommen von Überlebenden der Schoah ausschloss und die Anspruchsberechtigung an bestimmte Jahrgängen koppelte.

Historischer Hintergrund der österreichischen Juden – Wien

In den 1920er Jahren war einer von neun Wienern Jude. Wien beherbergte zu dieser Zeit die sechstgrößte jüdische Bevölkerung weltweit mit ein wenig mehr als 200.000 Bewohnern.

Den österreichischen Juden wurden in den Jahren 1848-1867 bestimmte Rechte verliehen, vor allem das Recht an jedem beliebigen Ort zu leben, Eigentum zu besitzen sowie Berufe zu erlernen, welche der Bevölkerung das Leben in den Städten, insbesondere in Wien, erleichterte.

Zu dieser Zeit war Österreich ein geschwächtes Kaisertum im Osten Europas, dessen Größe 700.000 Quadratkilometer betrug. Aus diesem Grund zogen zehntausende Juden die in dem damaligen Imperium lebten in das Gebiet, welches heute Österreich ist – ein Staat in der Mitte Europas mit einer Größe von 84.000 Quadratkilometern.

Die meisten Juden bevorzugten es in Wien zu leben. Die damalige Hauptstadt war eine erfolgreiche, aufgeklärte und entwickelte Stadt, in der die Bildungsbürgertum stark vertreten war. Diese Schicht bestand zu einem Viertel aus Juden.

Im 19. und 20.Jahrhundert gab es einen enormen Zuzug von europäischen Juden nach Wien. Die Daten zeigen, dass die Zuwanderung mit jedem Jahr stark anstieg. Der Großteil der Zugezogenen kam aus Tschechien, Ungarn, aber auch aus anderen osteuropäischen Ländern. Im Jahr 1857 lebten weniger als 3.000 Juden in der Hauptstadt.

Aber nur zwölf Jahr später, im Jahr 1869 lebten dort bereits 40.000 Juden. 1880 betrug ihre Anzahl 73.000, 1890 war diese fast auf 120.000 gestiegen und 1910 stieg diese auf mehr als 175.000 und der Höhepunkt stellt das Jahr 1923 dar – als die Gesamtanzahl der Juden bei mehr als 200.000 lag. Damals machten sie 11% der Wiener Bevölkerung aus.

Doch bis 1934 sehen wir, dass circa 30.000 Juden Wien verließen. Im Jahr 1951 – nach der Schoah – lebten nur noch 9.000 Juden in Wien.

Bedeutende Errungenschaften der österreichischen Juden

Die österreichischen Juden waren ein außergewöhnliches soziales Phänomen. Inmitten einer antisemitischen Bevölkerung, welche deren Entwicklung in vielen Bereichen einschränkte, gelang es den Juden Erfolg zu haben, in ihrer Anzahl zu wachsen und ihre Fähigkeiten zu erweitern. In der Tat waren sie zahlenmäßig höchstwahrscheinlich soviel vertreten wie an keinem anderem Ort. Diese kleine Bevölkerung stach sozial so sehr hervor, dass sie den Fortschritt des Landes aus ihren Schultern trugen. Sei es in den Bereichen der Wissenschaft, Wissenschaft der Seele (Psychologie), Wirtschaft, Unternehmertum, Entwicklung und anderem.

Im Jahr 1934 wurde die Zahl der jüdischen Ärzte der Stadt Wien auf mehr als 50% der gesamten Ärzte geschätzt. Ein Drittel der Apotheker war Juden, 75% der Banken wurden von Juden verwaltet, 40% der Goldschmiede der Stadt waren Juden, 63% waren Kinobesitzer, 85% waren Rechtsanwälte, 74% waren Weinhändler, ein Drittel der Fotografen der Stadt waren Juden, 40% der Kaffeehausbetreiber waren Juden, 21% waren Optiker, ein Drittel waren Zahntechniker, mehr als 95% der Werbeagenturen der Stadt wurden von ihnen verwaltet und 100% der Metallhändler der Stadt waren Juden.

Wir bedanken uns bei Herrn Jonathan Gabrielov für das Schreiben des historischen Teils dieses Artikels.

Kontaktieren Sie uns für weitere Informationen – österreichische Staatsbürgerschaft für Juden – Anspruch auf die österreichische Staatsbürgerschaft – Fragen und Antworten

Unsere Kanzlei stellt Anträge für die Nachkommen von Österreichern, deren Vorfahren durch das NS-Regime und deren Helfer verfolgt wurden oder Angst vor einer Verfolgung hatten. Dies betrifft auch die österreichische Staatsbürgerschaft für Enkel und Urenkel Verfolgter. Wir beraten Sie gerne zu den verschiedenen Themen bezüglich der Staatsbürgerschaft, vielen Dank.

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